Woher kommen diese Annahmen?
Die 2018 greifende PSD2-Richtlinie sorgt einerseits für mehr Sicherheit bei Kreditkartenzahlungen. Vor allem online. Zusätzlich zu Verschlüsselungen und Sicherheitscode sollen dann auch Tans, Pins oder Fingerabdrücke die Sicherheit des Zahlungsverkehrs mit Kreditkarten garantieren.
Das ist aus Konsumentensicht einerseits ein großer Vorteil, um sich vor Missbrauch zu schützen. Andererseits erfordert dann jede Kreditkartenzahlung einen zusätzlichen „Arbeitsschritt“. Experten befürchten, die Kunden könnten durch die kompliziertere Zahlweise der Kreditkarte müde werden.
Die größere Befürchtung derer, die das Sterben der Kreditkarte vorhersagen aber rührt daher, dass die neue EU-Richtlinie für den Zahlungsverkehr die Entwicklung alternativer Zahlungsmethoden begünstigt.
Mit eigenen Produkten und Diensten könnten Unternehmen und Händler den Kreditkarten zumindest im Internet den Rang ablaufen. Und diese alternativen Zahlmöglichkeiten sind für Shops und Co. eine lukrative Idee.
Bisher nämlich zahlen Unternehmen eine Gebühr an die Banken und Anbieter der Kreditkarten ihrer Kunden. Diese könnten sie durch das Anbieten eigener Bezahlservices komplett umgehen. Außerdem hat die neue Kreditkartenrichtlinie eine weitere Lücke.
Mit dem Inkrafttreten der PSD2 können Unternehmen und Dienstleister Einblick in die Kreditkartenkonten ihrer Kunden bekommen. Zuvor war das ausschließlich den Banken und Kreditkarten ausgebenden Instituten vorbehalten.
Dank dieser Schwachstelle in der Richtlinie können die Services und Angebote von Händern, Shops und Dienstleistern noch besser auf die Bedürfnisse des Kunden abgestimmt werden. In Sachen Marketing bereite die EU-Richtlinie also gerade den Weg zu einem direkteren Kundenkontakt.
Warum die Kreditkarte trotzdem Bestand haben wird
Was bei der Vorhersage des europaweiten Kreditkartensterbens aber übersehen wird, ist, dass die Kreditkarte viele Vorteile hat, die über den bloßen Einsatz im Online-Handel hinaus gehen.
Es mag zwar stimmen, dass Europa und besonders Deutschland ohnehin etwas kreditkartenfaul ist. Zumindest im weltweiten Vergleich. Dennoch verlassen sich viele Kunden bei Zahlungen im Ausland oder beim größeren Anschaffungen gerne auf die Vorteile einer Kreditkarte.
Im stationären Handel bietet die Kreditkarte eine bequeme Art, zu bezahlen. Vor allem seit der weitgehend flächendeckenden Einführung des kontaktlosen Bezahlens. Schneller, bequemer und sicherer geht es kaum.
Viele Kreditkartenanbieter erheben auch keine Gebühren beim Geldabheben oder Bezahlen im In- und Ausland. Damit hat die Kreditkarte gegenüber der EC-Karte einen deutlichen Vorteil auf Reisen und im Alltag.
Die Kreditkarte kann außerdem über kurze, finanzielle Engpässe hinweghelfen. Etwa, wenn am Ende des Monats die Waschmaschine den Geist aufgibt. Denn die fällige Summe kann man bei einer regulären Kreditkarte entspannt mehrere Wochen später beim Kreditkartengeber begleichen.
Auch die Guthaben basierte Version der Kreditkarte erfreut sich immer weiterer Beliebtheit. Sie bietet die Vorteile eines flexiblen und oftmals gebührenlosen Bezahlens und Geldabhebens einer regulären Kreditkarte mit der vollen Kostenkontrolle und noch besseren Sicherheitsstandards.
Der Einsatz der Kreditkarte außerhalb des Worldwide Web wird also nicht weniger werden. Im Gegenteil wird die Kreditkarte im analogen Alltag eher an Bedeutung gewinnen: Die Welt wächst immer weiter zusammen, die Menschen reisen mehr und müssen nicht selten auch beruflich flexibel und reisefreudig sein. Einkäufe im stationären Handel können per Kreditkarte so einfach und sicher wie nie zuvor bezahlt werden. Und die allgemeine, weltweite Akzeptanz der Kreditkarte als Zahlungsmittel nimmt stetig weiter zu. Weder die PSD2-Richtlinie noch die in der Konsequenz daraus entstehenden Entwicklungen im Online-Transaktionsverkehr werden der Kreditkarte in Europa den Garaus machen.Redakteur: Markus Gildemeister